Kennst Du das? Du beschäftigst Dich mit einem Thema und auf einmal begegnet es Dir überall. Spannend wird es dann, wenn man sich mit Trends und Innovation beschäftigt und sich ein Thema in unterschiedliche Richtungen ausprägt. Man könnte auch sagen:
Wenn man auf der einen Seite die Innovation sieht und auf der anderen Seite alter Wein in neue Schläuche gefüllt wird. Natürlich hübsch verpackt- also eher eine weitere Gin-Marke mit schickem Etikett.
Der Vortrag von Matylda Krzykowski am 7.1.20 in der der HFBK Hamburg
ist ein einziges Feuerwerk an Präsentationsideen. Darüber habe ich ja schon vor einiger Zeit in meinem Blogbeitrag Present like a Pro geschrieben, und der Besuch endet für mich an der Pinnwand der HFBK. Hier gibt es allerlei Interessantes zu sehen: Leute, die einen Künstler suchen, der ein Bild fertig malt. Hilferufe von Agenturen, die Studenten in die Zitronenpresse locken. Und diese Anzeige einer Trendberatung, die fragt, wie ein Künstler einen Vortrag ohne PowerPoint halten würde. Wie „unverdorbener, kreativer Input“ aussieht- um dann doch die Frage zu stellen: „Oder geht es doch nicht ohne Charts- aber die müssen dann einmal ganz anders sein?“ Fragezeichen.
Fragezeichen 1
klebe ich an den Aushang von Trendforscherin S., Beraterin für digitalen Wandel und Transformation. Ich suche nach einer Haltung, wie ich diese Art der Feldforschung einordnen soll. Einerseits ist es immer eine sehr gute Idee, sich mit Kreativen auszutauschen: Künstlerisch und kreativ tätige Menschen haben einen unverstellten Blick auf die Themen und reflektieren frei und unabhängig neue Ideen, Sichtweisen, Prozesse und Modelle. Das ist eine super Sache.
Andererseits ist dieser Aufruf nach dem "unverdorbenen" Präsentationsformat ohne gängige Softwarelösung" wohl für Beraterin S. ein Thema. Noch im Anzeigentext wird die Idee in die Beliebigkeit entlassen, denn vielleicht ist die Idee, ihren Kunden eine Lösung ganz ohne PowerPoint anzubieten zu wollen, doch etwas zu ambitioniert.
Zum Abschluss der Anzeige finden sich ganz normalen Kontaktdaten. Ich frage mich, ob sich ein Künstler oder eine Kreative meldet?
Fragezeichen 2
klebe ich an das Thema New Work- ein riesiger Trend, das mit all seiner Kraft und dem Willen zur Veränderung Einzug in die Arbeitswelt gehalten hat. Wie weit entfernen wir uns vom Altbekannten? Wie weit ist es, bis ein neues Ufer erreicht ist? "Experimente und Irritationen", so ist auf der Homepage
des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes in Berlin getitelt, das zielt auf einen übergreifenden Dialog ab, aus dem Neues entstehen kann. Wobei es dann nicht mehr um den Erhalt eines Präsentationsformates geht, sondern um ganz neue Ideen und Konzepte. In diesem Sinne ist auch die Anzeige der Trendberatung ein Indiz, dass wir auf dem Weg sind.
Diesen Blogpost habe ich geschrieben, bevor die Covid 19- Pandemie ausgebrochen ist. Doch im Wesentlichen trifft es auch in Corona-Zeiten den Nagel auf den Kopf: Wie wollen wir arbeiten? Es ist gut, dass die Festangestellten Erfahrungen im Home Office sammeln, und aus Konzernen hört man immer wieder, wie unvorstellbar diese Freiheit überhaupt ist- im Angestelltenverhältnis ohne Anwesenheitspflicht, ohne engere Kontrolle und in einer neuen Führung zu arbeiten.
Alina Gause ist selber Künstlerin und Diplompsychologin. Im Webinar am 11.6.20 von Swaantje Benson, an der HFBK zuständig für Professional Skills, Communication + Network, ging es um Karrieremodelle
in künstlerischen Berufen. Spannende Insights und eine hervorragende Einordnung in übergeordnete Kontexte, in denen es am Rand auch um die Arbeitswelt jenseits Künstlerischer Arbeiten geht, nämlich um die Welt der Festanstellung mit ihren festen Modelle, Pfaden, Organisations- und Berichtslinien.
Wie verändert sich diese Arbeitswelt? Die Pandemie zwingt mit Disruption zu vermeintlich neuer Arbeitsweise - doch das ist nicht New Work. Die Idee von New Work ist größer, tragfähiger, weitreichender. "Zentrale Werte der „Neuen Arbeit“ seien Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an Gemeinschaft. Diese solle aus drei etwa gleichen Teilen bestehen: Erwerbsarbeit, „smart consumption“ und „High-Tech-Self-Providing“ (Selbstversorgung auf höchstem technischem Niveau) sowie „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“", so fasst Wikipedia die Ideen von Frithjof Bergmann
zusammen, dem Gründer der New Work - Bewegung. Das war Ende bereits der 1980er Jahre.
Warum also nicht Zusammenhänge neu denken? Alina Gause formt den Begriff "Modernisierungsavantgarde" und weist auf die Potentiale, die Kunstschaffende als Selbstverständlichkeit mit- und einbringen: Kreativität, Flexibilität, Ausdruck, Fantasie und Autonomie - um an dieser Stelle einige Eigenschaften aufzuführen. Ein ungeheuer wertvoller Schatz, der darauf wartet, gehoben zu werden um seine volle Kraft auch in anderen Arbeitsbereichen zu entfalten. Let´s work new!
Credits
* Swaantje Benson ist an der HFBK Hamburg zuständig für Professionalisierung, Abt. Kommunikation und Vernetzung
* Alina Gause für die Berliner Agentur artists-way. Mehr Lesestoff von und über sie findet Ihr im Blog auf ihrer Homepage * Die Pinnwand und Aula der HFBK Hamburg